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Ferien als Wikinger

    Im Wikinger-Zentrum bei Ribe in Dänemark können Familien „Ferien als Wikinger“ machen und als Laiendarsteller wie vor tausend Jahren leben.

    Waffen klirren. Zwei Männer in Leinen und Leder üben eine Finte, Schwert gegen Schwert. Aus der Ferne tönt es „pling, pling“ aus der Schmiede. Christina sitzt mit ihrer drei Jahre alten Tochter Yonna auf dem Holzbock und zeigt ihr, wie sie den Stock richtig einspannen muss, um die Rinde abzuschälen.

    Ein Augustnachmittag im Wikinger-Zentrum bei Ribe, der ältesten Stadt Dänemarks. Etwa ab dem Jahr 700 kamen Wikinger zu Schiff, Pferd oder zu Fuß jeden Sommer hierher an den Rand des Wattenmeeres, wo der Fluss Ribe Aa in weiten Schwüngen gemächlich durch die Salzmarschen mäandert. Gehandelt wurden Waffen, Kleidung, Lebensmittel, Pferde, Schmuck aus Bernstein und Knochen.

    Als Wikinger leben

    Auf den Wiesen vor der Stadt kann man heute selbst ausprobieren, wie es einmal gewesen sein könnte. Während der Sommermonate leben Darsteller in den strohgedeckten Hütten aus Geflecht und Lehm oder in einfachen Leinenzelten auf dem Markt-Gelände. Die Freiland-Museen zu „beleben“ mit Darstellern in historischen Kostümen, ist eine Idee, die sich in den letzten achtzig Jahren von Dänemark aus in ganz Europa verbreitet, aber auch in Amerika schon lange Tradition hat.

    Es gibt hauptberufliche „Wikinger mit Leib und Seele“, wie die Seifensiederin, die mit ihrem Mann den Grossteil des Jahres in selbstgenähter Kleidung aus Flachs, Wolle und Leder auf Mittelalter- und Wikingermärkten unterwegs sind (www.drakentrey.de). Andere Darsteller kommen aus Dänemark, Irland, Schweden, England, Schottland, Wales und sogar aus Texas. Lagersprache ist Englisch.

    Ungewöhnliche Familienferien

    Als Familie lässt es sich hier auf ungewöhnliche Weise Ferien machen, findet Christina aus Deutschland, die mit Mann und zwei Kindern schon öfter im Wikinger-Zentrum in Ribe war. „Für die Kinder finde ich es wichtig, dass sie einmal erleben, wie das ist, wenn man drei Stunden braucht, um einen Eintopf auf offenem Feuer zu kochen“, sagt die Mutter von zwei Kindern. „Sie können bei vielem mitmachen und Aufgaben übernehmen, z.B. Feuerholz sammeln. Da das Lagergelände abgegrenzt ist, können wir ihnen hier auch viel Freiheit lassen. Abends erfahren sie, dass es richtig dunkel ist, wenn man nur Fackeln oder Fettlämpchen hat. Dann treffen wir uns mit anderen Darsteller-Familien am Lagerfeuer oder, wenn es regnet, im Langhaus. Das ist richtig gemütlich.“ Ihr Mann kann seinem Interesse an frühzeitlichen Waffen und Kampftechniken nachgehen, Christina hat die Kleidung der Familie selbst genäht.

    Ihre dreijährige Tochter Yonna zeigt stolz den Stock her, den sie abgeschält und angespitzt hat. Dann rennt sie über die Wiese davon. Sie will Gina, einer anderen Teilnehmerin aus Deutschland, helfen, eines der Pferde auf die Weide zu bringen. Gina ist mit ihrem Mann schon zum fünften Mal hier. „Wir bringen unsere eigene Ausrüstung mit“, sagt sie, „historisch richtige Kleidung und Eisengeschirr zum Kochen auf dem Feuer. Für die Übernachtung selber müssen wir nichts bezahlen. Aber wir müssen täglich von elf bis fünf, während der Öffnungszeiten, hier sein und den Besuchern Fragen beantworten, sie an unserem Leben hier teilhaben lassen.“

    Bei den Sanitäreinrichtungen sind allerdings keine Original-Bedingungen angestrebt. Gina findet das gut so: „Wir dürfen die Besuchertoiletten und auch Duschen mitbenutzen. Die hygienischen Verhältnisse des frühen Mittelalters wünsche ich mir wirklich nicht zurück.“

    Um Ferien in der Wikingerzeit zu machen, muss man sich rechtzeitig bewerben und möglichst Kenntnisse in einem alten Handwerk haben.

    Wikinger für einen Tag

    Auch als Tagesbesucher kann man bei vielem mitmachen. Zusätzlich zum Eintritt kann man einen Bon für 35 dänische Kronen (ca. € 5,-) kaufen. Dafür darf man das Schiessen mit Wikinger-Langbögen ausprobieren, eine Münze prägen und auf der Schnitzbank einen Stock zuspitzen.

    Im Eintritt inbegriffen ist das Kampftraining für Kinder, mit Holzschwert und Schild. Dabei herrscht ein rauher Ton in englischer Sprache. Eltern werden zum Dolmetscher, und da nicht alle gut Englisch können, wird manches falsch übersetzt. Als wir da sind, weinen zwei Kinder und wollen dann lieber nur zuschauen, aber andere machen gerne mit. Es gibt eine Falkner-Vorführung und am Nachmittag eine Show, wo zwei große Gruppen von Darstellern gegeneinander kämpfen.

    Mitmachen und probieren

    Besucher dürfen auch von den frisch hergestellten Esswaren probieren und kleine Fladenbrote selber in der Eisenpfanne backen. Dazu gibt es Frischkäse aus dem Tontopf, oder es werden Fische geräuchert. Zwischen den Häusern weiden Schafe, Kühe und Pferde. Eine Henne führt ihre Kükenschar über den Hof.

    Der Spielplatz ist liebevoll gestaltet mit Wikinger-Holzhäusern im Miniformat, Holzpferden und einer Kletterrunde mit Trittsteinen im Wasser und einer – historisch unkorrekten – Tunnelrutsche. Am Rand des Geländes ist in einem schönen Gutshof, dem alten Bischofssitz aus dem 18. Jahrhundert, ein Café für die Tagesbesucher. Wie überall in Dänemark darf man auch hier sein eigenes Picknick mitbringen, und im idyllischen Obstgarten genießen.

    Weitere Orte, wo Familien Historiendarsteller werden können:

    In Deutschland bietet das Federsee-Museum in Bad Buchau etwas ähnliches an, „Archäologie Live“, mit wissenschaftlicher Betreuung. Dort kann man beim Workshop „Eine Nacht in der Steinzeit“ im Freiluft-Dorf am Rand des Moorsees unter Anleitung eines Archäologen sich das Wissen der Steinzeit selbst erarbeiten: ein Feuer entzünden, ein Essen kochen, in einer der Hütten die Nacht verbringen.

    Wo und wie kann man sich bewerben?

    Ribe Wikinger-Zentrum: Geöffnet von Anfang Mai bis Oktober. Als Darsteller sollte man sich bis zum 15. Mai des Jahres bewerben. Anmeldeformular: http://ribevikingecenter.dk/de/freiwillige/anmeldung.aspx

    Federsee-Museum Bad Buchau: Jahresprogramm: http://www.federseemuseum.de/programm-2/jahresprogramm/

    Bericht und Fotos: Barbara Leonhardt

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