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Ist das laut hier! Kinderlärm

Der BGH sollte entscheiden, ob eine Nachbarin vom Kinderlärm bei einer Tagesmutter so beeinträchtigt wird, dass die Tagesmutter in diesem Haus ihren Beruf nicht mehr ausüben darf. Wenn auch der BHG wegen formaler Dinge kein Grundsatzurteil fällen konnte, so ist doch die Diskussion neu entfacht: Dürfen Kinder laut sein? Wieviel Kindergeschrei ist, wie es so schön heißt, „zumutbar“?

Keine Frage: Kinder können laut sein! Es gibt das Argument, eigentlich müssten Kindergärtnerinnen im Dienst Ohrenschützer von Fluglotsen tragen – die Lautstärke in Kitas kann durchaus dem Lärmpegel eines Vorfeldes gleichen. Wer weiß das nicht selbst, vielleicht nachdem er den Indoorspielplatz mit einem leichten Tinnitus nach vier Stunden verlassen hat?

Aber was sollen die anderen „aushalten“?

Von garantiert fehlender Erfahrung zeugen Kommentare zum oben genannten Gerichtsfall, die davon sprechen, laute Kinder wären „unerzogen“ (was immer das so heißt… ) oder auch: das Elternteil habe solche Kinder „nicht im Griff“. Kinder sind nicht hundertprozentig kontrollierbar – also es sei denn, man gibt ihnen jedes Mal eine Tracht Prügel, wenn sie die Stimme erheben. Aber würden dann nicht die gleichen Leute die Eltern wegen Kindesmisshandlung anzeigen?

Wie war das eigentlich früher (als es die Tracht Prügel noch gab…) – da waren Kinder sicher auch laut, wenn sie unbeaufsichtigt draußen spielten (also häufiger als heute). Aber: Es gab vielerorts mehr Platz im Freien, also auch nicht so viel Störung durch den Lärm. Ist unsere Gesellschaft auf Lärm nicht mehr eingestellt?

Eher umgekehrt:

Warum sind also diese Lärmquellen „normal“, müssen ausgehalten werden, während bei schreienden oder lachenden Kindern jemand am Fenster erscheint und sich beschwert?

Rechtlich sind Eltern ja auf der sicheren Seite, wurde doch in der Rechtsprechung Kinderlärm in den letzten Jahren von Juristen meist als „zumutbar“ beurteilt. Aber legt man sich als Elternteil deshalb mit den Nachbarn an?

Und im Falle der Tagesmutter: Sie darf in ihrer Wohnung keine Kleinkinder mehr betreuen. Wie viele potenzielle Tagesmütter trauen sich nach diesem Urteil vielleicht nicht mehr, diesen Job auszuüben? Wie viele Anfragen an Eigentümergemeinschaften werden jetzt abgewiesen? Dabei helfen doch gerade die Tagesmütter, den Mangel an fehlenden Kinderbetreuungsplätzen etwas auszugleichen.

Vielleicht bekommt die Frau, die gegen die Tagesmutter in ihrer Hausgemeinschaft klagte und Recht bekam, in ein paar Jahren selbst ein Kind.

Bildquelle: aboutpixel.de / Ohren zu und durch © jutta rotter

 

 

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