„Ich hätte auch so gerne was Du hast“. Jeder kennt dieses Gefühl, jemand hat etwas, das man selbst auch gerne hätte. Bei Kindern ist dieses Gefühl, auf Spielzeug bezogen, oft besonders ausgeprägt, und wenn sich dann eine Gelegenheit bietet…..
In dem Bilderbuch „Lyra ist ganz heimlich“ von Marie Norin und Emma Adbage bietet sich Lyra eine solche Gelegenheit. Rally ist ihre beste Freundin, sie spielen im Kindergarten zusammen und danach meistens noch bei Lyra oder bei Rally. Eines Tages sind sie bei Lyra und nachdem Rally nach Hause gegangen ist, entdeckt Lyra, dass Rally ihren Teddy Nalla vergessen hat. Nalla ist so süß und so weich, sie kann die Beine bewegen und richtig sitzen und Lyra beschließt, dass Nalla bei ihr übernachten darf. Und auch das Wochenende verbringt Nalla bei Lyra. Dann ist Montag und Lyra steckt Nalla in ihren Rucksack, doch dann entscheidet sie, dass Nalla doch lieber zuhause bleibt. Als Rally im Kindergarten nach Nalla fragt schaut Lyra weg. Auch will sie dieses Mal nicht am Nachmittag mit Rally spielen. Doch die Tage sind jetzt lang und langweilig und nichts macht mehr richtig Spaß
Irgendwann ist Rally dann doch bei Lyra und entdeckt ihren Teddy, sie freut sich so, dass sie vor Freude tanzt und sie Disco spielen. Beide haben wieder richtig Spaß miteinander. Nachdem Rally gegangen ist, liegt Nalla wieder bei Lyra, Rally hat sie wieder vergessen. Aber diesmal rennt Lyra zum Fenster, ruft Rally hinterher und wirft den Teddy zu ihr hinunter.
Dieses liebevoll illustrierte Buch zeigt genau die Gefühle von Kindergartenkindern in ihrer Sprache, so dass keine Gefahr des erhobenen Zeigefingers entsteht. Dadurch, dass man Lyra so gut verstehen kann, wird sie nicht zur Bösen abgestempelt, sondern zur sympathischen Figur, die selber merkt, in welche blöde Lage sie sich gebracht hat. Obwohl es eine einfache kurze Geschichte ist, bietet sie viel Gelegenheit für Fragen und anschließende Gespräche. Warum hat Lyra den Teddy nicht zurückgegeben, und warum war Rally nicht böse, sondern bietet Lyra am Ende sogar an, sich den Teddy zu teilen? So kann man mit Kindergartenkindern auf ihrer Ebene das Thema Neid und Großherzigkeit thematisieren, ohne moralisch ermahnend daherzukommen.
Die Autorin und Übersetzerin Marie Norin ist im deutschsprachigen Raum noch nicht bekannt. 1967 geboren schrieb sie zunächst Lyrik, bevor sie 2007 mit einem Roman debütierte, der auch gleich für einen schwedischen Literaturpreis nominiert wurde.
Die Autorin Emma Adbage kennen wir schon von dem Buch „Mickan ist eigentlich ganz zufrieden mit sich“ indem sie auch sehr treffend die Sprache und Gedankenwelt eines Grundschulkindes trifft.
Lyra ist ganz heimlich, Marie Norin und Emma Adbage, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2015, ISBN 978-3-499-21341-0 (12,99 Euro).