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Wir fallen nicht

    „Wir fallen nicht“ – das klingt nach der Antwort eines Kindes auf den besorgten Hinweis der Mutter: „Seid vorsichtig!“ Der 12 jährige Mitja, die Hauptperson des neuen Romans von Seita Vuorela, gehört auch tatsächlich zu der Sorte Jungs, die diesen Hinweis öfters hören. Mitja ist abenteuerlustig: Mit seinem besten Freund sucht er verfallene Häuser oder ähnliches um dort zu sprayen. Ihre neueste Entdeckung war ein altes Silo. Aber es kam zu einem Unfall, Mitjas Freund stürzt von dem Silo und stirbt.

    Nun ist die Schule zu Ende und es geht in die Ferien. Mitjas Mutter hat ein Wohnmobil gemietet, und gemeinsam mit seinem größeren Bruder Wladimir fahren sie los. Der Vater ist auf Geschäftsreise und will später nachkommen. Wladimir ist das Gegenteil von Mitja – ein ruhiger Junge, der am liebsten den ganzen Tag DVDs anschaut.

    Der Campingplatz liegt am Ende einer Straße und wirkt wie am Ende der Welt, er liegt am Meer und ist ansonsten ein stinknormaler Campingplatz.

    Mitja streift durch die Gegend und entdeckt ein geheimnisvolles schönes Mädchen. Er will mehr von diesem Mädchen wissen und ist deshalb nicht böse, als sie ganz gegen die Angewohnheit seiner Mutter länger auf dem Campingplatz bleiben. Am Strand lernt er noch die Jungensgruppe die „Wracks“ kennen und nach einigen Reibereien schließt er sich ihnen an. Sie leben am Strand, sie haben keine Familien, suchen nach Strandgut und sind mit dem Mädchen verfeindet.

    Mitja bewegt sich zwischen den Welten der Wracks, seiner Familie und der Welt des Mädchens, die zu wissen scheint, wer er ist. Sie wohnt in einem zerfallenen Hotel und näht Hemden für die Jungen.

    Parallel zu dieser Geschichte erzählt Wladimir in kleinen Häppchen von der Nacht am Silo, ausnahmsweise war er seinem Bruder gefolgt und beobachtet alles, oder ist er sogar beteiligt?

    Am Ende der Geschichte verfließt die Welt der Gegenwart und die der Toten und die Geschichte nimmt eine unerwartete Wendung. Einiges klärt sich jetzt auf, aber anderes bleibt unklar.

    Der Roman, den Tanja Künnelsmann aus dem Finnischen übersetzt hat, ist ein spannendes Buch, das sich für Zwölfjährige mit dem eher ungewöhnlichen Thema des Todes und dem Verlust eines Freundes beschäftigt. Zwölfjährige fühlen sich ja eher unverwundbar: „Wir fallen schon nicht“.

    Die Autorin, die auch schon andere Jugendbücher geschrieben hat, und für diesen schon für zwei Preise nominiert ist, hat ein besonderes Buch geschaffen. Seita Vuorela nimmt ihre Leser mit in die Gedankenwelt dieser beiden Jungen und macht deutlich, wie durch ein tragisches Ereignis Grenzen zwischen den Welten verschwimmen können. Sie gibt uns auch eine mögliche Geschichte mit, wie es sein könnte, wenn man stirbt und erklärt so manches Unerklärliche.

    Seita Vuorela studierte Literaturwissenschaft, Philosophie und Frauenforschung, arbeitete als Journalistin und Fotografin und unterrichtet kreatives Schreiben für Kinder. Eine vielseitige Person, die ein vielschichtiges Buch geschrieben hat. Eines, was nachdenklich macht. Eines, das wütend machen kann, weil es am Ende nicht ganz aufklärt, wie es nun wirklich war, So soll es vielleicht ermutigen, es einfach hinzunehmen, sich auf die magischen Momente einzulassen und nicht alles bis ins Allerkleinste erklären zu wollen. Zugegebenermaßen ist das nicht ganz einfach. Es ist eines der ersten Bücher, die ich nach dem Ende nochmal von vorne angefangen habe, weil ich mir nicht mehr sicher war, ob ich mich irre, oder ob es tatsächlich so da stand. Aber ganz gleich, ob man sich erst mal ärgert, oder nicht, dieses Buch bewegt auf jeden Fall.

    Wir fallen nicht, Seita Vuorela, Ravensburger Buchverlag Verlag, Otto Maier GmbH, Postfach 1860, Ravensburg, 2014, ISBN 978-3-473-40117-8, (16,99 Euro).

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