Teilzeit-arbeitende Mütter sind in Unternehmen meist nicht die erste Wahl für die Beförderung: Sie gehen immer früh, bekommen nicht alles mit oder kommen gar nicht, wenn ein Kind krank ist. Wirklich? „Diese Argumente gegen die Teilzeit sind oft Vorurteile“ sagt Martina Ludwig von der Personalberatung Häring und Ludwig in München . Das Unternehmen hat sich auf die Vermittlung von teilzeitzeitarbeitenden qualifizierten Fachkräften spezialisiert.
Stattdessen ist wissenschaftlich belegt, dass Teilzeitarbeiter ihren Job oft effizienter und motivierter bewältigen, als Vollzeitkollegen. Den Arbeitsanfall können sie flexibler erledigen, mehr arbeiten, wenn es gerade brennt. Und sind Teilzeit-Stellen nicht die Lösung für den wachsenden Fachkräftemangel in der deutschen Industrie?
Verbreitete Vorurteile
Doch die Vorurteile von Arbeitgebern sind verbreitet. Und so kommt es, dass der Wunsch nach Teilzeit bei hochqualifizierten Berufen oft ein Karrierekiller wird – und damit ein Problem für ambitionierte Frauen mit Kindern. Dabei wollen viele Frauen nach einer Kinderpause in Teilzeit wieder in ihren Beruf einsteigen und schaffen auch die Voraussetzungen in der Kinderbetreuung dafür.
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Gemäß einer aktuellen Studie wollen fast achtzig Prozent der Eltern, dass einer oder beide Partner Teilzeit arbeiten, realisieren können es aber wenige. Die Variante „beide Partner arbeiten 30 Stunden“ leben zum Beispiel nur sechs Prozent der Eltern. (Studie Elternbefragung )
Selbst bei gesicherter Betreuung wird es schwierig, Beispiel Angelika: Für sie läuft es in Sachen Kinderbetreuung optimal – ihre neunjährige Tochter besucht eine Ganztagsklasse, der dreijährige Sohn ist bis 16:00 Uhr im Kindergarten betreut.Trotzdem musste die Kommunikationsexpertin und Ingenieurin bei einem Bewerbungsgespräch hören: „Sie sind ja Mama – wie wollen Sie den Job schaffen?“ Der Personalverantwortliche beeilte sich zu betonen, dass er höchsten Respekt vor den „Mamas“ habe. Seine Frau beispielsweise bringe immer die Kinder zum Fußball. „Einem Mann würde so etwas nicht passieren“ betont Angelika. Die Münchnerin bewirbt sich jetzt weiter auch auf Vollzeitstellen – allerdings mit einem etwas flauen Gefühl. Denn dann darf nichts schief gehen – ein Fahrradplatten, Arztbesuch, ein bockiges oder krankes Kind würde den straffen Zeitplan durcheinanderwirbeln.
Teilzeit – Voraussetzungen im Unternehmen
Nicht überall treffen Frauen auf solche Rückständigkeit. Martina Ludwig weiß, welche Voraussetzungen im Unternehmen gegeben sein müssen, damit Teilzeit beispielsweise auch bei Führungsjobs klappt: Die Führungskultur im Unternehmen muss zum Beispiel auf Ergebnisse und nicht auf Präsenzzeiten Wert legen. Die tägliche Arbeit muss auf der Basis von Zielvorgaben organisiert sein. Und: Ist der Chef der Abteilung selbst so strukturiert, dass er das Zeitkontingent des Mitarbeiters gut in den Arbeitsablauf integrieren kann, steht dem Teilzeitmodell eines gehobenen Mitarbeiters nichts mehr im Weg.
Chance Job-Sharing?
„Job-Sharing ist ein Arbeitsmodell der Zukunft“ – davon ist Frau Ludwig überzeugt: „Das ist manchmal sogar besser als eine Vollzeitstelle, und zwar für den Arbeitgeber.“ Beim Job-Sharing sind Ausfallzeiten wegen Krankheit und Urlaubszeiten abgedeckt. Beide Job-Sharer machen ihren Job wie alle Teilzeit-Arbeitende motiviert und engagiert. Die interne Organisation der Stelle wird dabei oft von den Sharern selbst übernommen. Wenn es Arbeitgeber geschickt anstellen, können sie eine ganze Stelle mit leicht komplementären Job-Sharern besetzen, so dass sogar ein Kompetenz- und Effizienzgewinn entsteht: Der eine Jobsharer lernt vom anderen, jeder erledigt den Schwerpunkt der Arbeitsanforderung, den er am besten beherrscht.
Teilzeit bedeutet nur manchmal und nur minimal höhere Lohnkosten für Arbeitgeber
Aber Teilzeit ist doch so teuer für Arbeitgeber, weil die Lohnnebenkosten für zwei Teilzeit-Arbeiter insgesamt höher sind? Nein, das entkräftet Frau Ludwig vehement: Bei Stellen die unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung liegen (2014 mindestens ein Bruttolohn von 5000 Euro in Ostdeutschland, Genaueres hier Beitragsbemessungsgrenze), trifft das gar nicht zu, bei Stellen darüber macht es in der Summe kaum etwas aus.
Der Wandel in Unternehmenskulturen ist bereits da – jedenfalls bei einigen und immer mehr. Die moderne Bürowelt mit gespeicherten Firmendaten in der passwortgeschützten Cloud, Webinaren und Skype-Konferenzen machen flexible Teilzeitarbeit und Homeoffice für fast alle Bürojobs möglich. Man muss es nur wollen.
Vielleicht spricht in zehn Jahren niemand mehr über Teilzeit, weil es sowieso schon Realität ist? Besser ist es jedenfalls für uns alle als Gesellschaft, wenn möglichst viele gut ausgebildete Menschen in sozialverträglicher Beschäftigung sind. So dass nicht die eine Hälfte unbezahlte Überstunden schiebt, während die andere gar keine Rente erwirtschaftet und später einmal in die Altersarmut rutscht.
Foto: von The Library of Virginia from USA [Für die Lizenz, siehe], via Wikimedia Commons