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Alphabet – Ein Dokumentarfilm über Bildung

    Die Oma strahlt „Das ist seine Medaille von der Mathematik-Olympiade“ Der chinesische Elfjährige hat sie umgehängt und schaut dabei weder stolz noch froh, sondern reglos in die Kamera. Chinesische Schüler schlafen am wenigsten und büffeln am meisten weltweit, bei PISA sind sie auf Platz 1 in vielen Disziplinen. So erfahren wir in dem Dokumentarfilm von Erwin Wagenhofer „Alphabet“. Der Filmemacher hat eine Reise durch die Welt zum Thema Bildung gemacht – Experten befragt und die, die das Bildungssystem ihres Landes durchlaufen oder durchlaufen haben – Schüler und Absolventen.

    Wir treffen neben bekannten Experten wie zum Beispiel den Neurobiologen Gerad Hüther, einen Studienabsolventen mit Down-Syndrom, eine Schülerin aus dem G8 in Hamburg, die in einem Brief an die Schulbehörde schrieb: Sie möchte gern mal um 15:00 Uhr „nichts mehr zu tun haben“: Eindrucksvoll die Filmminuten über die Menschen, die es in ihrem System „geschafft“ haben: Die Teilnehmer einer Wettbewerbsendrunde mit dem Namen „CEO of the Future“ finden „ganz viel arbeiten toll“ und Familiengründungen problematisch „da biste mit 40 nicht CEO“.

    Manche haben es anders gemacht: Der mittlerweile greise Pädagoge Arno Stern, der in seinem „Malspiel“ seit vielen Jahrzehnten Kinder dazu anleitet, sich malend auszuprobieren, ohne Konkurrenz und Druck, etwas zu erreichen. Stern hat seinen eigenen Sohn nicht in die Schule geschickt, was dieser – nun erwachsen – mit seinem kleinen Sohn wiederholen möchte.

    Zum Teil sind Bild und Ton versetzt übereinandergelegt – zum Beispiel wenn der Experte Ken Robinson über Bildung referiert, während man eine Kindergruppe im Wald toben sieht oder ein Raum für eine Prüfung vorbereitet wird.

    Suggestiv? Vielleicht. Natürlich geht nicht jedes Kind als seelenloses, unglückliches Monster aus der Schule. Die Interviews und Beobachtungen machen aber deutlich, dass zu viel Druck, zuviel Abfragen standardisierter Antworten aus einem individuellen Kind einen Menschen machen können, der weder besonders glücklich noch besonders gut gerüstet für seine Zukunft ist. Kritik an Bildungsidealen heute und natürlich auch am Leben der Gesellschaften, in der Kinder groß werden – all das wird hier illustriert. „Die Ökonomisierung unserer Gesellschaft ist die schlimmste Entwicklung der heutigen Zeit“ – ein Satz des Films, den ausgerechnet jemand sagt, der Jahrzehnte Personalverantwortlicher bei großen Firmen war.

    Interessant und zum Nachdenken über unsere gesellschaftlichen Ideale und was denn eigentlich Bildung für unsere Kinder sein soll.

    Noch mehr Infos in dem gleichnamigen Buch, dessen Großteil allerdings ein Tagebuch von Andre Stern über die ersten zweieinhalb Jahre seines Kindes „ohne Schule“ beinhaltet. Wobei in Deutschland die meisten Kinder bis zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich sehr ähnliche Erfahrungen machen: Eine Schule besuchen Zweijährige nicht und die meisten lernen in diesem Alter einfach das, was die Eltern tun – so wie dieses Kind.

     

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